Lernziele:
Benötigte Hilfsmittel und Zusatzmaterialien:
Zeitdauer: 45-60 Minuten je nachdem, ob Sie das gesamte Videomaterial zeigen oder nur das Konformitätsexperiment von Asch.
Allgemeine Empfehlungen an den Moderator / Workshopleiter
Begrifflichkeiten
Wahlprogramm: konzeptionelles Dokument, welches der Kandidat oder seine Organisation (politische Partei) während des Wahlkampfes oder im Vorfeld vorstellen; es greift die aktuellsten Probleme für die Entwicklung des Landes (der Region, des Gebietes, einer Ortschaft) auf und skizziert mögliche Lösungswege.
Konformismus (neulat. conformis – „ähnlich, gleich“): Verhaltens- oder Meinungsänderung einer Person unter dem Einfluss eines realen oder imaginären Drucks von Seiten einer anderen Person oder Gruppe.
Kriterium (altgriech. Κριτήριον – „Differenzierungsfähigkeit, Mittel für Entscheidungen, Gradmesser“): Merkmal, Bedingung, Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung eines Sachverhaltes bezüglich seiner Übereinstimmung mit den gestellten Forderungen (dem Maß).
Ablauf
Phase I. Herausforderung (Provokation)
Erläutern Sie den Teilnehmern die Lernziele. Fragen Sie, wie oft sie eine Wahl treffen müssen. Bitten Sie die Teilnehmer um Beispiele, helfen Sie ihnen gegebenenfalls, Beispiele aus ihrem Alltag zu benennen: Was soll ich anziehen? Welches Verkehrsmittel soll ich nehmen? Wie soll ich mir die Arbeit einteilen? Fragen Sie, nach welchen Kriterien sie ihre Wahl treffen, worauf sie dabei achten. Schreiben Sie die Antworten an die Tafel.
Fragen Sie, wie oft den Teilnehmern selbst bewusst ist, warum sie die Wahl so oder so getroffen haben.
Fragen Sie die Teilnehmer, wie oft sie das Gefühl haben, in ihrer Entscheidung von anderen beeinflusst zu werden. Zeigen Sie den Videofilm mit Aschs Konformitätsexperiment „Herdentrieb. Bist Du etwa ein Schaf?“ [4], um zu demonstrieren, welchen Einfluss Konformismus nehmen kann. Sollte es aus irgendeinem Grund nicht möglich sein, den Film zu zeigen, können Sie den Inhalt des Experiments auch mündlich darlegen.
Erklären Sie, dass Konformismus nicht nur auf Kinder wirkt, und zeigen Sie zur Veranschaulichung den Videotest „Die weiße und die schwarze Pyramide“ [3].
Der Einfluss, den andere auf einen ausüben, wird in den Videofilmen „Sozialexperiment“ [2] und „Interessantes Sozialexperiment. Psychologie der Menge“ [1] anschaulich dargestellt. Zeigen Sie die Filme.
Phase II. Wissensvermittlung
Erklären Sie den Teilnehmern, dass im politischen Wahlprozess die Wahlprogramme der Kandidaten für uns aufschlussreich sein können. Fragen Sie, ob die Teilnehmer bereits entsprechende Erfahrungen haben und wenn ja, worauf sie bei der Bewertung der Programme und bei ihrer Entscheidung für einen Kandidaten geachtet haben.
Erläutern Sie den Teilnehmern, dass die Kriterien für die Bewertung von Wahlprogrammen von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind und jeder für sich selbst festlegt, worauf er bei seiner Entscheidungsfindung achtet.
Stellen Sie den Teilnehmern folgende Aufgabe: Sie sollen sich innerhalb von 5 Minuten 3-5 Kriterien überlegen und anschließend notieren, auf die sie bei der Prüfung von Wahlprogrammen achten werden. Nach dieser individuellen Arbeit tauschen die Teilnehmer in den nächsten 5 Minuten paarweise ihre Meinungen aus und einigen sich auf 3 bis 5 gemeinsame Kriterien. Danach diskutieren in weiteren 15 Minuten nun schon 4 oder 6 Teilnehmer miteinander und einigen sich wiederum auf 3 bis 5 gemeinsame Kriterien. Jede Gruppe hält ihre Kriterien am Flipchart fest und präsentiert sie.
Stellen Sie nach der Präsentation die gemeinsamen Kriterien denen gegenüber, zu denen sich die Teilnehmer nicht einigen konnten. Fragen Sie die Teilnehmer, ob sie Kriterien notiert hatten, die keinen Eingang in die Präsentation gefunden haben, obwohl sie sie für wichtig halten. Nehmen Sie diese gegebenenfalls in die Gesamtliste auf.
Fehlten bei den Aufzählungen der Teilnehmer einige Kriterien, können Sie ihnen mithilfe der nachstehenden Fragen einige Denkanstöße geben:
Erklären Sie den Teilnehmern, dass auch die Anzahl der Kriterien individuell ist. Einigen Wählern reicht ein einziges Kriterium, andere sind anspruchsvoller, was ihr gutes Recht ist.
Fragen Sie die Teilnehmer, ob ihnen eine Entscheidung leichter fallen würde, wenn es eine Möglichkeit gäbe, das Programm durch die Vergabe von Punkten eindeutig zu bewerten. Erklären Sie ihnen, dass es hierfür eine bestimmte Technik gibt, die bei der Entscheidungsfindung auch in Alltagssituationen (zum Beispiel beim Kauf von Kleidung, der Wahl des nächsten Urlaubsortes usw.) hilfreich ist.
Weisen Sie auch darauf hin, dass einige Kriterien schwerer wiegen als andere und somit jedes Kriterium ein entsprechendes „Gewicht“ (eine Wertigkeit) hat. Das ist sehr subjektiv, und selbst sich nahestehende Personen urteilen mitunter sehr unterschiedlich. Jeder kann das Programm für sich bewerten, indem er die von ihm persönlich erteilten Punkte zählt und auf dieser Grundlage seine endgültige Wahl trifft.
Als Beispiel können Sie gemeinsam mit den Teilnehmern an der Tafel eine Tabelle ausfüllen (siehe Tabelle 1):
Tabelle 1
Bewertung eines Wahlprogramms (in Punkten)
№ |
Kriterium |
Gewicht / Wertigkeit des Kriteriums |
Übereinstimmung des Programms mit dem Kriterium |
Gesamtpunktzahl |
1 |
Programm stimmt mit meinen Interessen und den Interessen mir nahestehender Personen überein |
5 |
3 |
15 |
2 |
Programm ist realistisch und umsetzbar |
4 |
3 |
12 |
3 |
................................. |
2 |
5 |
10 |
4 |
................................ |
3 |
4 |
12 |
|
Summe |
49 |
Beispiel: Wenn Ihnen sehr wichtig ist, dass ein Programm Ihre Interessen und die Interessen Ihnen nahestehender Personen widerspiegelt, bekommt dieses Kriterium die maximale Punktzahl, d. h. 5 Punkte. Wenn das konkrete Wahlprogramm diese Forderung jedoch nicht in vollem Umfang erfüllt, erhält es für dieses Kriterium nur eine mittlere Bewertung, also 3 Punkte.
Verteilen Sie individuell angepasste Wahlprogramme an die Teilnehmer, aus denen nicht ersichtlich ist, wessen Wahlprogramm es ist. Ein Programm kann mehrfach verteilt werden, aber nach Möglichkeit sollten nicht alle Teilnehmer das gleiche Programm erhalten. Sie können auch nur die Auszüge aus Programmen auswählen, in denen es um Jugendfragen geht. Auch alte Programme können herangezogen werden. Markieren Sie gleiche Programme mit gleichen Symbolen oder Farben. Fordern Sie die Teilnehmer auf, das Programm nach zwei Kriterien zu bewerten und die Gesamtpunktzahl zu ermitteln. Die Kriterien legen die Teilnehmer selbst fest, wobei sie aber auch auf Kriterien zurückgreifen dürfen, die bereits an der Tafel stehen.
Wünschens- und empfehlenswert ist, dass die Teilnehmer nicht nur die Gesamtpunktzahl des von ihnen bewerteten Programms, sondern auch die maximal mögliche Gesamtpunktzahl ermitteln und diese beiden Zahlen miteinander vergleichen. Hierzu muss lediglich die maximal mögliche Punktzahl für das „Gewicht“ des Kriteriums mit der maximalen Punktzahl für den Grad der Übereinstimmung des Wahlprogramms mit dem Kriterium multipliziert und dieses Ergebnis wiederum mit der Anzahl der Kriterien multipliziert werden.
Für Tabelle 1 ergibt sich demzufolge:
4 Kriterien × 5 Punkte × 5 Punkte = 100 Punkte
Wurden nur 2 Kriterien bewertet, ergibt sich:
2 Kriterien × 5 Punkte × 5 Punkte = 50 Punkte
Geben Sie den Teilnehmern dafür 10 Minuten Zeit und schreiben Sie danach die Bewertungsergebnisse der Teilnehmer für jedes Programm an die Tafel. Zum Beispiel: Programm A erhielt 13, 25, 19 und 23 Punkte. Die Punktzahlen werden nicht miteinander übereinstimmen. Fragen Sie die Teilnehmer, warum aus ihrer Sicht derart unterschiedliche Ergebnisse zustande kommen konnten und welche Fragen sie den entsprechenden Kandidaten stellen würden.
Weisen Sie die Teilnehmer darauf hin, dass sie bei echten Wahlen auf diese Weise mehrere Programme prüfen und somit eine bewusste und fundierte Wahl treffen können.
Phase III. Auswertung
Stellen Sie den Teilnehmern am Ende der Übung folgende Fragen:
Erinnern Sie die Teilnehmer noch einmal an die gesetzten Lernziele und fordern Sie sie auf zusammenzufassen, welche neuen Kenntnisse und Fähigkeiten sie erworben haben.