Unterrichtseinheit 4. Grundsätze des Wahlrechts

Lernziele:

  • 1) Allgemeine Erläuterung von Wahlrechtsgrundsätzen und ihren Einschränkungen;
  • 2) Erläuterung der Wahlrechtsgrundsätze und Einschränkungen, die in der Gesetzgebung Ihres Landes verankert sind und praktische Anwendung finden; Vergleich zu Gesetzgebungen anderer Länder;
  • 3) gemeinsame Diskussion über den Umgang miteinander in kontroversen Auseinandersetzungen.

Benötigte Hilfsmittel und Zusatzmaterialien:

  • Tafel, Flipchart o. Ä.;
  • Karten mit Ideen zu neuen Gesetzesinitiativen (siehe Anlage); pro Kleingruppe ein Kartensatz (4 Karten).

Ablauf

Phase I. Gesetzinitiativen debattieren

Teilen Sie die Schüler in Gruppen zu je 4 Schülern ein. Lässt sich die Zahl der Schüler nicht durch 4 teilen, muss eine Rolle von zwei Schülern gespielt werden. Bitten Sie die Teilnehmer jeder Gruppe, sich so gegenüberzusetzen, dass die Vierergruppe ein imaginäres Quadrat bildet.

Erklären Sie den Schülern, dass sie nun eine Sitzung im Büro des Premierministers nachspielen werden. Ordnen Sie jedem Gruppenmitglied eine Nummer zu: In jeder Vierergruppe erhält ein Teilnehmer die Nummer 1, der Teilnehmer rechts neben ihm bekommt die 2, der Teilnehmer gegenüber die 3 und der Teilnehmer links neben ihm entsprechend die 4. Danach erläutern Sie die Rollen. In jeder Gruppe übernimmt der Teilnehmer mit der Nummer 1 die Rolle des Premierministers. Seine Aufgabe ist es, als Sitzungsleiter der Vierergruppe seine Idee vorzustellen und für sie zu werben. Die Teilnehmer mit der Nummer 2 übernehmen die Rolle des Parteivorsitzenden der Regierungspartei, sie haben die Aufgabe, allem zuzustimmen, den Premierminister zu unterstützen und neue Argumente anzuführen. Die Teilnehmer mit der Nummer 3 spielen den Vorsitzenden der Oppositionspartei, sie müssen dem Premierminister Paroli bieten, indem sie eigene Ideen einbringen und Gegenargumente gegen die Initiative des Parteichefs entwickeln. Die Teilnehmer mit der Nummer 4 übernehmen die Rolle eines starken unabhängigen Abgeordneten, der sich in der Sache gut auskennt, den Parteien Fragen stellt und in der Diskussion die Partei unterstützt, die aus seiner Sicht überzeugender ist.

Legen Sie, wenn Sie sicher sind, dass jeder seine Rolle verstanden hat, in die Mitte jeder Gruppe die Karten mit den Ideen zu neuen Gesetzinitiativen (siehe Anlage) mit der Textseite nach unten. Bitten Sie den Premierminister, eine beliebige Karte zu ziehen. Aufgabe des Premierministers ist es nun, diese Idee vorzustellen und zu begründen, warum genau dieser Gesetzentwurf verabschiedet werden muss. Unterbrechen Sie nach einigen Minuten die Diskussion und lassen Sie die Schüler die Rollen tauschen. Der Rollentausch kann entweder im oder gegen den Uhrzeigersinn erfolgen. So wird beispielsweise der Vorsitzende der Regierungspartei zum Premierminister, der Premierminister zum unabhängigen Abgeordneten usw. Nach dem Rollentausch zieht der neue Premierminister eine neue Karte.

Lassen Sie die Schüler abschließend in einem Kreis Platz nehmen und folgende Fragen diskutieren:

  • Fiel es Ihnen schwer, sich in Ihre Rolle hineinzufinden?
  • Fiel Ihnen die Umstellung auf die nächste Rolle leicht?
  • In welcher Rolle fühlten Sie sich am wohlsten und warum?
  • Kam es vor, dass Sie nicht hinter der Position standen, die sie verfechten sollten? Wenn ja: Wie haben Sie sich dabei gefühlt, einen Standpunkt zu vertreten, den Sie nicht teilen?
  • Gab es in Ihrem Leben bereits Situationen, in denen Sie eine Position vertreten mussten, die nicht Ihre eigene war?
  • Wie und mit welchen Mitteln haben Sie versucht, Ihren Standpunkt zu verteidigen? Wie war es bei den anderen Teilnehmern Ihrer Vierergruppe? Ist Ihnen dabei etwas Interessantes aufgefallen?
  • Verhalten Sie sich im Leben (in der Familie, in Gesellschaft) so wie in einer der Rollen?

Führen Sie nach der Diskussion des Prozesses nun eine Debatte zu den Theseninhalten (zu den Ideen der Gesetzesinitiativen). Fragen Sie die Schüler, ob die erste Idee ihre Zustimmung findet. Sie können auch abstimmen lassen: Wer ist dafür? Wer dagegen? Welchem Wahlrechtsgrundsatz lässt sich diese Idee zuordnen?

Phase II. Grundsätze des Wahlrechts, ihre Notwendigkeit bzw. notwendige Ausnahmen besprechen

Erklären Sie Ihren Schülern, dass das Wahlrecht aus zwei Teilen besteht: aus dem Recht zu wählen (aktives Wahlrecht) und dem Recht, gewählt zu werden (passives Wahlrecht). Die Wahlrechtsgrundsätze gelten sowohl für das aktive als auch das passive Wahlrecht.

Fordern Sie zunächst die Schüler auf, Grundsätze des Wahlrechts zu formulieren. Sollten sie keine Grundsätze, die sich für eine Diskussion eignen, nennen können, geben Sie selbst einige vor. Schreiben Sie jeweils einen Grundsatz an die Tafel und erklären ihn kurz. Stellen Sie den Schülern nach jedem notierten und erläuterten Grundsatz einige Fragen:

  • Ist dieser Grundsatz gerechtfertigt?
  • Sollte es irgendwelche Ausnahmen von diesem Grundsatz in Bezug auf das aktive Wahlrecht geben? Welche? Warum? (Schreiben Sie die Ausnahmen an die Tafel). Sind alle mit diesen Ausnahmen einverstanden?
  • Welche Ausnahmen sollte es für das passive Wahlrecht geben?
  • Ist dieser Grundsatz in Ihrem Land in einem Gesetz verankert? Welche Ausnahmen gibt es gegebenenfalls? Wird dieser Grundsatz in der Realität befolgt? Warum?
  • In welchen anderen Ländern gibt es Einschränkungen?
  • Gibt es Länder, in denen Wahlen durchgeführt, der genannte Grundsatz jedoch nicht beachtet wird?

Schlagen Sie den Schülern für die Diskussion folgende Grundsätze vor:

  • allgemein: Jeder Bürger hat das Recht zu wählen bzw. sich wählen zu lassen. Einschränkungen sind möglich in Bezug auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz, Altersgrenze (betrifft sowohl das Mindest- als auch das Höchstalter), aber auch in Bezug auf Straffälligkeit, Bildungsstand, bestimmte Berufe, Finanzlage usw.
  • gleich: Jeder Wahlberechtigte nimmt zu gleichen Bedingungen an der Wahl teil: Alle Wähler verfügen über die gleiche Anzahl an Stimmen, alle Wahllokale sind zugängig und zur selben Zeit geöffnet. Jeder, der sich als Kandidat zur Wahl stellt, unterliegt gleichen Bedingungen bezüglich Registrierung, Durchführung des Wahlkampfes, Beobachtungsmöglichkeiten über Wahlverlauf und Stimmenauszählung, Ernennung von Vertretern in die Wahlkommissionen;
  • geheim: Der Wähler darf so wählen, dass keiner erkennen kann, für wen er gestimmt hat. Aus dieser geheimen Wahl dürfen ihm keine Nachteile erwachsen.
Anlage

Karten mit Ideen zu Gesetzesinitiativen

 

1

Wahlen sollten kostenpflichtig sein: Wer zur Wahl gehen und abstimmen möchte, zahlt einen geringen Betrag von beispielsweise 10 Euro.

 

2

Die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht sollte auf 14 Jahre gesenkt werden.

                                                                                                                                                                                                                 

3

Der Präsident sollte nicht vom Volk, sondern von den Abgeordneten gewählt werden.

                                                                                                                                                                                                                      

4

Die Stimmabgabe bei Wahlen sollte namentlich erfolgen: Es muss nachvollziehbar sein, wer für wen gestimmt hat.