Mit einem Seminar in Vladivostok vom 2.-4. Oktober 2015 endete das dreijährige Programm der "EU-Study-Weeks", die der DRA (Berlin und St. Petersburg) seit Ende 2012 im Auftrag der EU-Delegation Moskau organisiert hat - und erstmals in der 18-jährigen Geschichte der Seminarreihe machte sie Halt im Fernen Osten Russlands. Für den DRA war es die 21. Study Week insgesamt und die 12. im Rahmen des aktuellen Programms. In diesen drei Jahren erstreckte sich ihr Radius von Pjatigorsk im Kaukasus bis nach Moskau, Ekaterinburg, Nishnij Novgorod, von Irkutsk am Baikal bis nach Vilnius in Litauen; rund 350 Studierende und Absolvent_innen der russischen Universitäten nahmen teil. Das Hauptthema - das Verhältnis Russland-EU - hat sie auf verschiedene Weise interessiert, je nach Region und eigenen Außenkontakten zuvor. Parallel zur Verschlechterung der Beziehungen EU-Russland kamen Student_innen, die sich nicht einfach dafür interessierten, sondern die gerade angesichts dieser Anspannung besorgt waren und in informeller Atmosphäre mit den Expert_innen aus Russland und zahlreichen Ländern der EU, aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Medien, Zivilgesellschaft und Kultur diskutieren wollten. Während 2013 noch viele Debatten die Euro-Krise, die grenzüberschreitende Kooperation, Migration, Visa- und Energiepolitik und andere längerfristige Herausforderungen betrafen, kam 2014 der Ukraine-Krieg hinzu - bis 2015 das EU-Russland-Verhältnis zur Schlüsselfrage wurde. Der unermüdliche Versuch des Seminarteams um Aigul Sembaeva, Elena Belokurova und Elena Razumovskaya, die Konfliktlagen vielseitig und vielstimmig zu bearbeiten, wurde von den Teilnehmer_innen unverändert hoch geschätzt. Die äußeren Umstände für die Seminare aber wurden schwieriger. Erstmals im Frühjahr 2015 wurde ein Seminar in Kostroma kurzzeitig von zwei schweigsamen "Aktivisten" belagert - und deren Aktion von Journalisten der Stadt verbreitet. In Wladiwostok stellten sich an zwei Tagen hintereinander Mitglieder der rechtsradikalen "Nationalen Befreiungsbewegung" (NOD) auf der Straße auf, die damit die "Souveränität Russlands" verteidigen wollten - gefilmt vom Regionalfernsehen, das die EU-Study-Week für eine US-Propaganda-Veranstaltung hielt und in 5 Minuten Sendezeit rund zehn faktische Fehler unterbrachte. Ein solches Verhältnis zwischen den Gesellschaften Russlands und der EU kann keine der Seiten brauchen. Daher wird es in den nächsten Jahren um die Wiederverbesserung dieser Beziehungen gehen - und weitere Seminare der EU-Study Weeks könnten dazu durchaus beitragen. Mehr Informationen zum Programm siehe www.eu-studyweeks.ru.
2007-2008 und 2013-2015 führt/e der DRA e.V. jeweils vier mehrtägige Seminare "EU-Study-weeks" pro Jahr für russische Studierende und Absolventen in verschiedenen Regionen des Landes durch. Der DRA hatte jeweils die entsprechende Ausschreibung der EU-Delegation in Moskau gewonnen.
Ziel der EU-Study-Weeks ist es, Studenten verschiedener Fachrichtungen aus den Regionen Russlands über aktuelle Entwicklungen und Diskurse in der EU, über Themen und Ergebnisse von EU-Russland-Verhandlungen sowie über neue Wege zur Zusammenarbeit im Rahmen des geplanten beiderseitigen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens (PCA) zu informieren und mit ihnen darüber zu diskutieren. Die Veranstaltungen finden in engem Kontakt mit den Universitäten und Hochschulen der umliegenden Regionen statt.
Grundansatz der Veranstaltungen ist die paritätische Beteiligung von Experten und offizielle Vertreter/innen aus Russland und der EU. Über Fachreferate, aber auch Debatten und Rollenspiele, etwa das Nachstellen der jüngsten EU-Russland-Gipfel und deren zentralen Argumentationslinien, erfahren die Studierenden Konkretes zur Komplexität der Beziehungen zwischen der EU und Russland und diskutieren über die praktische Umsetzbarkeit der im PCA vorgesehenen "gemeinsamen Räume" (Handlungsfelder - "Common Spaces") Wirtschaft, Recht, Sicherheit und Forschung. Das Projekt konzentriert sich auf die regionale Dimension der Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland.