Liebe Leserinnen und Leser des DRA-Newsletters,
großflächige Waldbrände, das Auftauen des Permafrostbodens und Überschwemmungen in Sibirien, ungewöhnlich warme Winter in vielen Regionen des Landes: Auch in Russland führt das häufigere Auftreten extremer Wetter- und Naturereignisse – unterstützt durch die Präsenz des Themas in der internationalen Berichterstattung – allmählich zu immer mehr Nachdenklichkeit und Bewusstsein hinsichtlich des weltweiten Klimawandels und der drohenden Folgen.
Dies zeigt sich auch im wachsenden Interesse an den Projekten des DRA-Umwelt- und Klimaprogramms, die wir gemeinsam mit russischen NGOs, Aktivist/innen und Pädagog/innen verwirklichen, und bestätigt ihre Relevanz und Dringlichkeit. Unser aktueller Newsletter informiert Sie dazu genauer – und wie stets auch zur sonstigen Arbeit des DRA in Russland, der Ukraine und weiteren Ländern zu so vielfältigen Themen wie dem Donbass-Konflikt, der Inklusionsförderung im Kulturleben, der politischen Bildung für Jugendliche und anderem mehr!
Wir danken Ihnen für Ihr Interesse!
Ihr Stefan Melle und das Team des DRA
Besuchen Sie den DRA auf Facebook: facebook.de/DRAberlin
Das neue Jahr hat für Europa und seine gemeinsame Entwicklung schlecht begonnen – das Spektrum der ernüchternden Ereignisse ist mit den Stichworten Brexit, Putins Verfassungsänderung, Streit um die Geschichte von Holocaust und II. Weltkrieg, aber auch die folgenarmen Konferenzen zu Libyen und dem Donbas nur unvollständig umrissen. Diese Geschehnisse deuten alle in eine Richtung, die die Zivilgesellschaften alarmieren muss: Das Autoritäre, das Militaristische und das Nationalistische, die brüske und zynische Politik von Machtgewinn und – ja, auch das – Machismo werden immer ungebremster die Dominanten in den internationalen Entscheidungen über schwierige Gegenwartsfragen. Dies setzt sich in den USA, Nahost, Nordafrika und vielen anderen für Europa wichtigen Regionen ebenso unverhüllt fort.
Deshalb bestehen schon jetzt unüberschaubar viele „Fronten“ zur Verteidigung eines anderen Modells – jenes, das in einer friedlichen Aushandlung liegt, das gemeinsamen Regeln und gutem Willen folgt, das auf demokratischer Basis verläuft und 1990, vor 30 Jahren, auf dem Kontinent schon einmal aussah wie der endlich errungene, unverrückbare Konsens. Deshalb braucht es jetzt viel mehr Aufbegehren und Demokratie-Begehren, Prinzipientreue und Überzeugungskraft. Denn noch sind die Kräfte der Zivilgesellschaften keineswegs gleichermaßen stark: Sie können froh sein, weiter frei agieren zu können in Ländern wie den Niederlanden, im Baltikum oder Skandinavien, der Bundesrepublik, wo die Regierungen diesen einstigen Konsens im Großen und Ganzen noch verfechten (obwohl selbst in Deutschland das Rechtsverständnis von Gemeinnützigkeit politisch wankt).
Doch in Ländern wie Polen, Ungarn, der Türkei verlieren die demokratisch gesinnten Bürger/innen zunehmend an Boden. Für Großbritannien lassen sich diesbezüglich noch keine Prognosen aufstellen. Gewiss ist jedoch, dass der Brexit ein historischer Fehler ist, der zustande kam mit populistischen Methoden und wegen des Spiel- und Geltungstriebs einiger weniger, die nun zum Teil an der Macht sind, ein Fehler, der fast alle in Europa beschädigt und den zu beheben – in der Praxis und emotional – Jahrzehnte brauchen wird.
Viel drastischer ist die Lage nach dem Januar in Russland. Staatsstreichartig hat Präsident Putin dem Land nicht nur eine neue Regierung verordnet, sondern auch eine neue Verfassung. Wenngleich diese durch Änderungen der bisherigen erstellt werden soll, justiert sie doch viele Werte und Machtbalancen im Staat gänzlich neu – und wird schon bis zum April durch Redaktionsgruppen, Parlamentskammern und eine „Volksbefragung“ zur Annahme getrieben. Mit der neuen Verfassung eröffnet sich Putin nicht nur neue Optionen auf einen Machterhalt weit über 2024 hinaus. Er verschafft auch auslandsfeindlichen Maximen Verfassungsrang.
Über 100 Interessierte kamen am 29. Oktober 2019 zur Konferenz „Inklusive Strukturen in Kultureinrichtungen“ nach Jekaterinburg. Die Veranstaltung bildete den Abschluss der ersten und sehr ereignisreichen Phase des DRA-Projekts „INKuLtur – Förderung des Zugangs zu Kulturangeboten für Menschen mit Behinderung“. Organisiert wurden seit Juni 2018 unter anderem drei Seminare für Kulturmitarbeitende in Jekaterinburg, Pskov und St. Petersburg, sechs Online-Webinare und eine Bildungsreise nach Berlin. Auch wurde eine barrierefreie russischsprachige Webseite zu inklusiven Kulturangeboten entwickelt.
Ein deutsch-russisches Expertenteam erstellte außerdem ein „Konzept für Barrierefreiheit“ (russisch), das seit Anfang Dezember 2019 online zugänglich ist. Die Studie analysiert typische Barrieren, auf die Menschen mit Behinderungen bei der Nutzung von Museen, Theatern oder Kinos stoßen, und empfiehlt Strategien für deren Abbau. Sie stieß rasch auf großes Interesse und gab bereits den Anstoß zu ersten selbstentwickelten Seminarreihen an verschiedenen Orten. Insgesamt haben die Teilnehmer/innen und weitere Multiplikator/innen die Anliegen und Anregungen des Projekts mit Begeisterung und Engagement aufgegriffen und so dessen hohe Relevanz bestätigt. Wir danken dem Auswärtigen Amt und der Aktion Mensch sehr herzlich für die Förderung!
Im Januar 2020 hat für INKuLtur ein neuer Abschnitt begonnen. Es ist zum Programm herangewachsen, das seit Januar in einer Arbeitsrichtung von der EU unterstützt wird und für ein größeres zweites Projekt, das sich noch in der Vorbereitungs- und Antragsphase befindet, Aussicht auf Förderung erhalten hat. Weitere Details folgen in einem der nächsten DRA-Newsletter.
Im DRA-Projekt „Transition Dialogue 2019-2021 – Wandel demokratisch bewältigen“ (TD) fanden im vergangenen Jahr neun Veranstaltungen und zwei Arbeitstreffen in den Partnerländern statt. Ziel war es dabei jeweils, die vielfältigen Perspektiven auf die Umbruchzeit nach 1989 in Ost- und Mitteleuropa zu zeigen, die Chancen für einen ausgewogenen Dialog über diese Sichtweisen zu stärken sowie zu diskutieren, wie dieses kontroverse Thema pädagogisch vermittelt werden kann – sei es in künstlerischen, performativen, partizipativen oder anderen neuen Formaten.
Zuletzt kamen am 16. bzw. 21. Dezember Lehrer/innen und Expert/innen in Vilnius und Zagreb zu TD-Gesprächsrunden zusammen, bei denen der Schulunterricht zur Transformationszeit vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Debatten und Lehrplanreformen in Litauen und Kroatien diskutiert wurde. Die Lehrkräfte zeigten sich dabei vielfach darin einig, dass das Thema bisher zu wenig Beachtung finde, allerdings auch schwierig zu vermitteln sei. Wünschenswert sei es, neue Wege zu finden, um das Interesse der Schüler/innen an den Umbruchjahren zu wecken und trotz der so häufigen politischen Instrumentalisierung der Epoche dabei im Unterricht Multiperspektivität und Toleranz zu ermöglichen.
Den Rahmen für das TD-Treffen in Litauen bot die die sehr empfehlenswerte Ausstellung „The Origin of Species: 1990s DNA“, die noch bis 23. Februar im MO-Museum in Vilnius zu sehen ist. Die beeindruckende Schau beleuchtet mit vielen interessanten Exponaten die 1990er-Jahre in dem baltischen Land, das in dieser Zeit aus der Sowjetunion heraus seine Unabhängigkeit wiedererlangte, aus der Perspektive der Alltags- und Kulturgeschichte. Eine virtuelle Audiotour durch die Ausstellung finden Sie hier, weitere Infos hier und hier.
Am 20-21. März findet in Kiev das nächste TD-Partner- und Expertentreffen statt. Im Mittelpunkt wird dabei erneut die formale und non-formale Bildung zur (Nach-)Wendezeit stehen. Insbesondere werden dieses Mal Expert/innen die Ergebnisse ihrer Untersuchung von Curricula und Schulbüchern in sieben Partnerländern (Russland, Polen, Litauen, Bulgarien, Kroatien, Deutschland, Ukraine) zur Diskussion stellen. Wir freuen uns auf diesen spannenden Dialog und auf die nächste Projektphase, in der eine gemeinsame Handreichung für Lehrkräfte erarbeitet wird. Zu erleben sein wird der Transition Dialogue auch im Rahmen des Festivals „RedSquare 2020“ in Berlin, das in diesem Jahr am 15./16. Mai in der Kulturfabrik Moabit stattfinden wird.
Das Projekt Transition Dialogue wird mit freundlicher Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und gemeinsam mit SofiaPlatform (Bulgarien) und weiteren Partner-NGOs in sieben Ländern durchgeführt. Aktuelle Informationen zum Projekt finden Sie fortlaufend hier auf Facebook sowie auf der neu gestalteten Projektwebsite.
Die Civic Solidarity Platform (CSP) - ein Zusammenschluss von Menschenrechts-NGOs im OSZE-Raum, an dessen Arbeit und Koordination der DRA mit Förderung des Auswärtigen Amtes mitwirkt – überreichte zuletzt im Dezember 2019 der OSZE eine umfassende Übersicht aktueller Einschränkungen der Versammlungsfreiheit in Russland und weiteren Ländern sowie Vorschläge zu deren Behebung. Zum Jahresauftakt 2020 befasst sich die CSP derzeit mit einer Analyse des OSZE-Jahres 2019 einschließlich des Ministerratstreffens vom 5.-6. Dezember in Bratislava, die unter slowakischem Vorsitz standen, sowie mit aktuellen gesellschaftlichen Aufgaben im OSZE-Raum. Zugleich geht der Blick in die Zukunft: Im Januar hat Albanien den OSZE-Vorsitz übernommen und Prioritäten für die Arbeit der OSZE im Jahr 2020 definiert, darunter aktuelle Themen für die Balkan-Region. Auch die CSP wird in ihren Aktivitäten für 2020 diese Schwerpunktsetzungen berücksichtigen. Sie umfassen u.a. 1) die Stärkung des Dialogs – unter Bezug auf den 30. Jahrestag der „Charta von Paris für ein neues Europa“, mit der 32 KSZE-Staaten im November 1990 die Schaffung einer neuen friedlichen Ordnung in Europa nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation als gemeinsames Ziel vereinbarten; 2) die Fortsetzung der Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts in der Ostukraine; 3) die Förderung der Rolle von Frauen in den Bereichen Frieden und Sicherheit; 4) Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen; 5) die Bekämpfung von Korruption und Menschenhandel.
Momentan wirkt der DRA auch an der Vorbereitung des nächsten CSP-Treffens mit, das im März voraussichtlich in Prag stattfinden wird. Hauptanliegen der Zusammenkunft wird es sein, bestehende Strategien und Mechanismen zu optimieren bzw. um neue Ansätze zu erweitern, die der CSP helfen, gegenüber zwischenstaatlichen Organisationen möglichst wirksam aufzutreten. Neben der OSZE ist dabei der Europarat (ER) ein Schwerpunkt, da die praktisch bedingungsfreie Rückkehr der russischen Delegation in die Parlamentarische Versammlung (PACE) des ER im Juni 2019 nicht nur unter den NGOs in der Civic Solidarity Platform erhebliche Auseinandersetzungen ausgelöst hat.
Vorige Woche, in der Winter-Sitzung der PACE in Straßburg, wurden Für und Wider der kontroversen Entscheidung erneut sichtbar: Einerseits traf die PACE Entscheidungen, die für ihr Selbstverständnis und die demokratischen Standards in Europa problematisch sind – fern der Realität konstatierte die PACE Schritte der russischen Führung zurück zum Völkerrecht, mit dem Duma-Vize Pjotr Tolstoj wählte sie einen ausgemachten Protagonisten russischer Großmachtpolitik zum stellvertretenden Vorsitzenden der PACE, sie duldete erstmals Vertreter von der besetzten Krim in der Delegation – entgegen allen Verdikten seit der Annexion 2014, und sie beschloss den ebenfalls im Juni vereinbarten neuen Sanktionsmechanismus gegen Rechtsverletzer-Staaten, der nicht funktionieren kann und wohl auch nicht soll (siehe FB-Beitrag des DRA). Andererseits arbeitet die PACE aber erstmals seit 2012 wieder an einem Bericht zur Erfüllung (bzw. Nichterfüllung) der rechtsstaatlichen Verpflichtungen, die Russland im ER eingegangen ist, und fanden dazu russische und ukrainische NGO-Fachleute zu einem gemeinsamen Briefing zusammen. Ob ein solcher Bericht im Land selbst etwas bewirkt, ist unter der Herrschaft der jetzigen Führung freilich mehr als ungewiss (vgl. dazu auch den sehr erhellenden Blogbeitrag von Vladimir Kara-Muza).
Seit April 2019 entwickelt der DRA in dem Projekt „ACCT! – Acting on Climate Change Together! NGOs and Teachers provide innovative climate change education for young people in Russia’s North-West“ gemeinsam mit russischen Partnern Materialien und Formate, die junge Menschen in Russland dazu anregen sollen, sich verstärkt mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auseinanderzusetzen und nach Möglichkeiten zu suchen, selbst etwas gegen ihn zu unternehmen.
Vom 27.-31. Januar kamen die Mitarbeiter/innen des DRA-Projektteams und der Kooperationspartner in Archangelsk mit Klima- und Bildungsexpert/innen zusammen, um die letzten beiden von insgesamt fünf neuen Bildungsformaten zu dem Thema zu konzipieren. Entwickelt wurde dieses Mal zum einen ein Simulationsspiel zu internationalen Klimaverhandlungen, das den Schüler/innen verdeutlicht, wie Staaten und Interessengruppen ihre Ziele in der Klimapolitik durchzusetzen versuchen. Zum anderen soll noch ein Debattierformat zu Fragen rund um den Klimawandel ausgearbeitet werden.
Das von deutschen und russischen NGOs getragene Projekt „ACCT!“ – die Hauptpartner des DRA sind hier Movement „42“ (Dvischenie „42“, Archangelsk), das Russisch-Deutsche Büro für Umweltinformation (RNEI, St. Petersburg), das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU, Berlin) und die St. Petersburger Polytechnische Universität – wird vor allem im schulbegleitenden Bereich eine Lücke schließen. Denn wie an den Schulen fehlt auch hier weitgehend eine Form der Vermittlung von Klimafragen, die die junge Zielgruppe anspricht und motiviert. Die Relevanz des Anliegens wurde nun auch im Anfang Januar vorgelegten Klimaaktionsplan der russischen Regierung (siehe auch Meldung unten) anerkannt: Er sieht vor, dieses Thema in die allgemeinen Lehrpläne zu integrieren.
Die im Rahmen von ACCT! neu entwickelten Bildungsformate werden ab April 2020 zunächst getestet und danach bis 2021 von Umwelt-NGOs und Pädagog/innen in der formellen und informellen Bildung für Jugendliche und junge Erwachsene implementiert.
„Das Klima ändert sich – werden wir uns ändern?“ So lautete der Titel einer öffentlichen Diskussion, die am 27. Januar in Archangelsk als Teil des Arbeitstreffens der ACCT!-Projektgruppe (s. vorige Meldung) stattfand.
Rund 50 Menschen kamen in den Veranstaltungsraum des Kenosero-Nationalparks, um mit russischen Expert/innen und Aktivist/innen über den Klimawandel, seine Folgen und den damit verbundenen Handlungsbedarf zu sprechen. Eingeladen hatten neben Dvischenie „42“ als Hauptveranstalter auch alle anderen Partner des ACCT!-Projekts: der DRA, Drusja Baltiki (Friends of the Baltic), RNEI, die Polytechnische Universität St. Petersburg und das UfU Berlin (s. auch oben). Auf dem Podium saßen Alexej Kokorin (Klimaexperte des WWF Russland, Moskau), Olga Senova (Direktorin von Druzja Baltiki, St. Petersburg), Tatjana Shauro (Climate Action Network International), Anastasia Kochneva (Dvischenie „42“, Archangelsk) und Arshak Makichyan (Koordinator von „Fridays for Future!“ Russland, Moskau). Den Stellungnahmen der Referent/innen folgte eine angeregte Diskussion darüber, was in Russland getan werden muss und kann, um der Klimaproblematik, aber auch anderen Umweltthemen die Aufmerksamkeit zu sichern, die ihrer Dringlichkeit gerecht wird.
Am regen Interesse für die Veranstaltung und am Diskussionsverlauf war deutlich zu erkennen, welche Bedeutung das Thema für die Menschen in der Region hat. Die Einwohner/innen von Archangelsk bekommen die Auswirkungen des Klimawandels in diesem Winter besonders deutlich vor Augen geführt: Normalerweise frieren die Flüsse der Stadt im Dezember zu und die Temperaturen bleiben danach ständig deutlich unter null, oft bei –25 Grad. In diesem Winter froren die Flüsse erst Mitte Januar zu, und das Thermometer pendelte zwischen -10 und +6 C. All dies hat Auswirkungen auf die Natur, aber auch auf das Leben der Bevölkerung: Die Versorgung der Inseln im Delta der Nördlichen Dvina, die im Winter über den zugefrorenen Fluss erfolgt, ist eingeschränkt, weil das Eis noch keine schweren Lasten tragen kann. Auch Moskau erlebt den wärmsten Winter seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen 1886. Schnee ist in dieser Saison bisher kaum gefallen.
Insgesamt ist in Russland 2019 das Bewusstsein für den Klimawandel gewachsen. Dazu beigetragen haben die globale Berichterstattung wie auch die im Lande sichtbarer werdenden Veränderungen, etwa die Waldbrände in Sibirien (Sommer 2019) und eben der außergewöhnlich warme Winter. Die russische Regierung hat Anfang Januar 2020 einen Klimaaktionsplan vorgelegt. Er umfasst 29 Maßnahmen, mit denen man bis Ende 2022 dem Klimawandel begegnen will – indem man sich ihm anpasst. Ein Plan zum Schutz des Klimas durch Reduktion der Treibhausgasemissionen lässt hingegen weiter auf sich warten.
Zu den Anliegen des DRA-Projekts „Mitgestalten! – Für gelebte Jugendpartizipation in Osteuropa“ gehört die Erarbeitung eines mehrsprachigen Methodenhandbuchs zur Jugendbeteiligung als Instrument der Förderung eines demokratischen Denkens und Handelns. Am 15.-16. Dezember 2019 fand dazu Berlin ein weiteres Arbeitstreffen mit den Projektpartner/innen aus der Ukraine, Georgien und Russland und dem Partizipations-Experten Professor Waldemar Stange (Leuphana-Universität Lüneburg) statt. Das Handbuch wird im Herbst 2020 auf Deutsch, Russisch, Ukrainisch und Georgisch erscheinen und soll sowohl die Multiplikator/innen im Projekt als auch weitere interessierte Jugendarbeiter/innen und Pädagog/innen in den Projektregionen dabei unterstützen, partizipative Projekte für Kinder und Jugendliche zu veranstalten und so deren Demokratieverständnis, Selbstbewusstsein und Verantwortungsgefühl nachhaltig zu stärken.
Am 16. Dezember begrüßte das DRA-Team von „Mitgestalten!“ außerdem 21 Multiplikator/innen aus Georgien, Russland und der Ukraine zu einem Studienaufenthalt in Berlin. Die Bildungsreise war ein Modul der Ausbildung von Prozessmoderator/innen der Jugendpartizipation, die im Rahmen des Projekts „Mitgestalten!“ verwirklicht wird. Vorausgegangen war im September ein "Training of Trainers". Zum Abschluss werden die Schulungsteilnehmer/innen noch in diesem Jahr in verschiedenen Regionen Georgiens, Russlands und der Ukraine über 75 Partizipationsprojekte durchführen.
In Berlin erhielten die Gäste drei Tage lang Einblicke in die Praxis der Jugendpartizipation, erfuhren von neuen Methoden, berichteten den deutschen Kolleg/innen von ihrer eigenen Arbeit und vernetzten sich auch untereinander. Sie lernten die Initiative „Grün macht Schule“ kennen und besichtigten drei mit Schülerbeteiligung in diesem Sinne umgestaltete Schulen und informierten sich beim Deutschen Kinderhilfswerk über den Zusammenhang von Kinderrechten und Partizipation, Kinder- und Jugendparlamente sowie über das Projekt „Kinderfreundliche Kommunen“. Beim Projekt „Drehscheibe“ der Stiftung SPI (Sozialpädagogisches Institut Berlin) erhielten sie einen Überblick über Berliner Beteiligungsprojekte staatlicher und nicht-staatlicher Träger. Schwerpunktthemen in der Stiftung Wannseeforum waren die partizipative Gestaltung von Bildungsarbeit sowie das jährliche Berliner Jugendforum, zu dessen Trägern die Stiftung gehört. Im Verein „Servicestelle Jugendbeteiligung“ schließlich wurden den Besucher/innen eine Reihe konkreter erfolgreicher Beteiligungsprojekte vorgestellt.
Das Projekt „Mitgestalten!“ wird mit freundlicher Unterstützung des Auswärtiges Amtes, der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und Des Paritätischen Berlin realisiert.
Im DRA-Ressourcenzentrum Drukarnia – Civil Society Center Sloviansk (Ostukraine/Gebiet Donezk) fand zum Jahresauftakt am 13. Januar ein Treffen mit Aktivist/innen aus der Westukraine statt. Die Kiewer NGO Insha Osvita für demokratische Bildung, Geschichte und Urbanistik hatte dazu 15 Teilnehmer/innen ihres Programms "Auf ein Neues: Lernen mit 45+" nach Slovjansk gebracht. Hier berichteten sie davon, wie sie in ihrer Stadt Vertreter/innen dieser Altersgruppe (der sie auch selbst angehören) in interessante Projekte einbinden, darunter Kurse zu Webdesign, Programmieren und anderen digitalen Themen. Mit den Aktivist/innen aus Slovjansk, die zu dem Austausch gekommen waren, diskutierten sie Unterschiede, Gemeinsamkeiten und mögliche Synergien des bürgerschaftlichen Engagements in der Ost- und der Westukraine.
Viele der Teilnehmer/innen aus dem Westen des Landes waren zum ersten Mal in der Ostukraine – wobei sie unterstrichen, dass sie sich aus zivilgesellschaftlicher Perspektive für die Stadt Slovjansk, in der der Krieg in der Ostukraine 2014 seinen Anfang nahm, bereits seit langem stark interessieren. Schon aufgrund der territorialen Größe der Ukraine gibt es nach wie vor wenig direkte Begegnungsmöglichkeiten für Menschen aus den verschiedenen Regionen des Landes, die im Verlauf des 20. Jahrhunderts wechselnd verschiedenen Imperien angehörten und so historisch unterschiedlich geprägt wurden. Dieser fehlende Austausch führt auch zu regionalen stereotypischen Zuschreibungen innerhalb des Landes. In den kommenden Monaten will die Drukarnia durch verschiedene Aktivitäten weiter zu deren Abbau beitragen.
Vom 31. Januar bis 2. Februar veranstaltete die Drukarnia den Workshop „Werkzeuge des Dialogs“ mit dem Psychologen Bohdan Steschenko, an dem 15 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14-21 Jahren teilnahmen. Ziel der Veranstaltung war es, gemeinsam das aktive Zuhören und kritische Denken zu trainieren sowie das Bewusstsein für eigene Bedürfnisse und Empathie zu schärfen. Alle Teilnehmer/innen brachten je eine individuelle Fragestellung (etwa zu persönlichen Beziehungen oder zu ihrer beruflichen bzw. intellektuellen Entwicklung) mit, auf die sie während der drei Tage für sich eine Antwort gesucht haben.
Am letzten Januartag organisierte das Drukarnia-Team ein Konzert des Projekts „Ghost Cities“. Dies ist der Spitzname des ukrainischen Musikers Mykola Lebed, der genreübergreifend seinen eigenen Klangstil entwickelt hat und damit bereits in mehr als 16 Ländern aufgetreten ist. Es kamen etwa 40 Besucher/innen.
Wie wird der Ostukraine-Konflikt in familiären und anderen privaten Umfeldern in Russland und der Ukraine wahrgenommen und diskutiert? Zu diesem Thema eine Ausstellung zu gestalten, ist Ziel eines Subprojekts, das der DRA im Rahmen von CivilM+ (zu dem Projekt vgl. folgende Meldung) zusammen mit der NGO „Country of Free People“ (Kramatorsk/Ostukraine) und „der „Academy of Innovations“ (Nischni Novgorod/Russland) verwirklicht.
Als dritte Phase fand dazu vom 25.-31. Januar in Vilnius ein Kreativ-Workshop statt. Zuvor hatten sich die jungen Teilnehmer/innen aus verschiedenen Regionen der Ukraine und Russlands zunächst bei größeren Zusammenkünften nur für die ukrainische bzw. die russische Seite in Moschtschun (Ukraine, Januar 2019) bzw. Krasnodar (Russland, März 2019) und dann bei einem gemeinsamen Treffen in Sarajevo (Bosnien-Herzegovina, November 2019) näher kennen gelernt und Texte, Fotos und Videos erstellt. Dieses Mal kamen sie mit sechs Designer/innen und bildenden Künstler/innen aus der Ukraine zusammen, um unter Nutzung des vorhandenen Materials ein Gesamtkonzept für die Ausstellung zu entwickeln. Trotz des schwierigen und emotional aufgeladenen Themas gelang im Workshop ein Zusammenwirken in offenem Dialog und vertrauensvoller Atmosphäre.
Die Ausstellung wird im April/Mai in Berlin zu sehen sein. Weitere Stationen sind u.a. in Prag, Kiev und weiteren Städten vorgesehen. Mehr dazu finden Sie in einem der nächsten DRA-Newsletter.
Vom 13.-16. November 2019 fand in Kiev das 2. Internationale Ostukraine-Forum der Zivilgesellschaftsplattform CivilM+ statt. Thema war die „Reintegration in der Ostukraine – Verbesserung der humanitären Lage und der Kontaktmöglichkeiten zwischen Menschen in den regierungs- bzw. nichtregierungskontrollierten Gebieten“ („Re-integration in Donbas – improvement of humanitarian situation and enhancement of people to people contacts in the conflict region“, vgl. DRA-Newsletter vom Oktober/November 2019).
Die Ergebnisse der Konferenz wurden in einem Video (Englisch/Russisch mit UT; 9:26 Min.) zusammengefasst, das seit kurzem online hier abrufbar ist. Es bietet visuelle Eindrücke von der Zusammenkunft und Stellungnahmen von Konferenzteilnehmer/innen aus Politik, Diplomatie und Zivilgesellschaft verschiedener Länder zu der Problematik und zu notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der betroffenen Bevölkerung.
Der DRA koordiniert die Arbeit von CivilM+ im Rahmen seines Projekts „Dialog für gegenseitiges Verständnis und Recht: Europäische NGOS gemeinsam für Konfliktbewältigung im Donbass“ (Förderung: Auswärtiges Amt).
Zwei neue Mitarbeiter/innen im DRA-Fachbereich Inklusion gesucht:
Im DRA-Programm INKuLtur zur Förderung des Zugangs zu Kulturangeboten für Menschen mit Behinderung (Projektländer: Russland, Ukraine, Deutschland) sind zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch zum 01.05.2020 im Berliner Büro des DRA die zwei folgenden Positionen zu besetzen:
1) Mitarbeiter/in im Bereich Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit;
2) Mitarbeiter/in im Bereich Projekt- und Finanzmanagement.
Beide Stellen sind bis zum 31.12.2021 befristet, eine Verlängerung wird angestrebt. Der Umfang beträgt in beiden Fällen Vollzeit (40 Std./Woche), Besetzung in Teilzeit ist nach Vereinbarung möglich. Wir freuen uns ausdrücklich auf Bewerbungen von Menschen mit Behinderung! Weitere Informationen hier.
Das Aktionsbündnis gegen Aids e.V., Aids Action Europe, Brot für die Welt und die Deutsche Aidshilfe veranstalten am 16. März in Berlin ihre zweite Osteuropakonferenz, diesmal zu der Frage „Ist HIV-Arbeit Menschenrechtsarbeit?“ (vorläufiges Programm hier). 2017 hatte das Bündnis dieses Thema mit einer Tagung unter dem Titel „HIV in Osteuropa – die unbemerkte Epidemie?!“ erstmals in diesem Format erörtert (Details siehe hier). Die Veranstalter betonen: Trotz aller Interventionsaufrufe stehen Osteuropa/Zentralasien weiterhin nicht mit im Fokus, wenn es um HIV/Aids, TB und virale Hepatitis geht. Dort steigen die Zahlen weiter, während in vielen Ländern die Ausbreitung der HIV-Epidemie eingedämmt werden kann. Und während in westlichen Ländern HIV/Aids-Arbeit in der Regel auch als Menschenrechtsarbeit betrachtet wird, wodurch sehr konkrete Forderungen für die Rechte und das Wohlergehen von Individuen abgeleitet werden, reduziert sich die HIV/Aids-Arbeit in den östlichen Ländern allzu oft auf kollektive Gesundheitsvorsorge und Gesundheitspolitik.
Die Einführungsreferate der Konferenz halten Michel Kazatchkine, UNO-Sonderbeauftragter zu HIV in Osteuropa, und Ralf Jürgens, Koordinator der Menschenrechtsarbeit des Globalen Fonds. In drei Panels zu den Themen „Transition“, „Enger werdende Räume für zivilgesellschaftliches Handeln? (shrinking spaces)“ sowie „Menschenrechte und HIV-Arbeit“ werden die Teilnehmenden mit Aktivist/innen und Akteuren aus mehreren Ländern Osteuropas und Zentralasiens Erfahrungen austauschen und aktuelle Probleme diskutieren.
Die Konferenz 2020 findet in der Landesvertretung Baden-Württemberg, Tiergartenstr. 15, 10785 Berlin, statt. Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Russisch. Eine Anmeldung ist noch bis zum 7.2.2020 möglich, die Plätze zur Teilnahme sind begrenzt. Teilnahmebestätigungen werden ab dem 12.02.2020 versandt. Die Konferenz wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Kontakt: osteuropakonferenz2020@aids-kampagne.de, Tel: 030/536 799 843. Weitere Informationen hier, mehr zur HIV-Arbeit von Brot für die Welt hier.